Udo Spelleken
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Quelle:
Verlag: Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Kevelaer
Ausgabe: Nr.150
Datum: Freitag, den 01. Juli 2005
Seite: Nr.23















Quelle:
Verlag: Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Kevelaer
Ausgabe: Nr.138
Datum: Freitag, den 17. Juni 2005
Seite: Nr.15















Quelle:
Verlag: Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Kevelaer
Ausgabe: Nr.141
Datum: Dienstag, den 21. Juni 2005
Seite: Nr.14





VON UDO SPELLEKEN

GELDERN  Zum 12. Mal hatte die Volksbank Gelderland im Rahmen des KulturHerbstes zu einem Kammermusikabend ins Gelderner Refektorium eingeladen und Willi Teloo bedankte sich besonders bei der Familie Hillebrands für die tatkräftige Unterstützung bei der Organisation.

Mit der Arie „Singe Seele, Gott zum Preise“ von Friedrich Händel begann die aus Maastricht stammende Kalki Schrijvers ein abwechslungsreiches Programm, das musikalische Raritäten ans Licht brachte. Ihre gesangliche Darbietung transportierte die Gefühle, die Händel in seiner Komposition ausdrücken wollte: Liebe, Traurigkeit und  Sehnsucht. Sanft und bedeutungsvoll klang sie in den Tiefen, in den Höhen blühte ihre Stimme strahlend auf und ließ bei den Zuhörern eine Verbindung zwischen Ohr und dem Herzen entstehen. Auch die gesanglich schwierigen „Rückert Lieder“ von Gustav Mahler und die Stücke von Johannes Brahms meisterte sie mit hoher stimmlicher Lyrik und feinfühligen dramatischen Abstufungen.

Mit abwechselnd lächelnd verträumter Mimik, dann wieder ernst konzentriert mit gerunzelter Stirn tauchte Susanna Schael förmlich in die Violinsonate von Cesar Franck ein. Ihre intuitive Virtuosität ging mit der Musik eine die Sinne erregende Symbiose ein. Unglaublich zart, dann wieder mit sattem Bogenstrich verbreitete sie mit tänzerischem Schwung eine fantasievolle Atmosphäre. Kongenial unterstützt wurde sie dabei von Constant Notten, dem Pianisten des lustvoll musizierenden Quartetts am Bösendorfer Flügel, der mit musikalischem Esprit, beschwingt und voll sprühendem Temperament souverän alle Stücke begleitete.

Die „Zweite Sonate für Violoncello und Klavier“ von Gabriel Fauré forderte Schweiß von Robert Hillebrands, denn es bedurfte einer stilsicheren und außerordentlich feinsinnigen Interpretation, um dieser zerbrechlichen Kostbarkeit den klassischen Ausdruck zu verleihen. Allein die synkopischen Verwirrungen spielte Hillebrands nicht nur ausgesprochen korrekt und behände, sondern äußerst zart und grazil, mit sinnfälligen Betonungen und herrlich verschmelzendem Klang. Dass die Instrumentalisten an diesem Abend in Höchstform waren, zeigten sie beim krönenden Abschluss, dem „Klaviertrio Nr. 3“ von Johannes Brahms. Das 1886 entstandene Stück in c-Moll beruhigt sich nach schroffer Anfangsgeste rasch, um dann im Seitenthema ungarisch plänkelnde Freude aufkommen zu lassen. Es war die große Spielfreude des Trios in einem sehr genauen Zusammenspiel, die das Stück gleichsam von seinem thematisch-strukturellen Überdruck befreite. „Ohne diesen Kammermusikabend wäre Geldern ein Stück ärmer.“ bestätigte das kundige Publikum mit lang anhaltendem Beifall.





VON UDO SPELLEKEN


GELDERN Von Kammermusik bis hin zu zeitgenössischen Werken mit ungewohnten Artikulations- und Klangformen, die Vielfalt der Gitarre schien keine Grenzen zu kennen. Das „Trio van Os“ überraschte in einem Konzert in der Evangelischen Heilig-Geist-Kirche mit enormer Ausdrucksfähigkeit und Präzision. Stimmungsvoll lyrisch begannen die Musiker mit dem Allegro aus dem „Frühling“ der „Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi und ließen spüren, wie faszinierend dicht und volltonig Gitarrenmusik im Ensemble klingen kann.

Die charmante Österreicherin Barbara Lechner kommentierte den von Moliére kreierten „Scaramouche“ in einer Komposition des Franzosen Darius Milhaud als „schrägen Vogel“. Der erste Satz „Vif“ klang zwar avantgardistisch, doch die “Schrägheit“ hielt sich in Grenzen. Der Mitbegründer des Ensembles, Norbert van Os stellte als Arrangeur und Komponist ein eigenes Werk „Minimal Music für drei Gitarren“ vor. „Erwarten Sie jetzt nicht weniger Musik,“ erläuterte er den Musikstil, der Mitte der 60er Jahre in den USA aufkam. Van Os und seine Instrumentalisten ließen die Zuhörer eintauchen in ein Kaleidoskop hypnotischer Meditation und in ein Klangkontinuum. Einfach und leicht zu erfassen bot das Trio zauberhafte Klangprozesse ohne großartigen Kunstcharakter mit langen ostinaten Wiederholungen, jedoch nicht starr, sondern mit Variationen und weichen Phasenverschiebungen. Aus dem glatten Zusammenspiel des Trios hörte man die lange Zeit gemeinsamer Konzerttätigkeit deutlich heraus. „Unsere Musik macht uns Spaß,“ signalisierte dabei unmissverständlich die Körpersprache der drei Musiker, bei denen sich keineswegs nur die Finger rührten. Sie kommunizieren mit den Augen, lächeln sich an: Spielfreude, die sich auf den Zuhörer überträgt. Der Kantor und Organist der Evangelischen Kirchengemeinde Dr. Reinhard Raue vervollkommnte das Konzert mit einer farbenreichen, impressionistischen „Kanzone“ des wenig bekannten Komponisten Sigfrid Karf-Elert. Auch das von Pierre Alexandre Boely vorgetragene flüssige Orgel-„Andante“ passte in das abwechslungsreiche Programm. Achim Busch, ebenfalls Mitbegründer des Trios, kündigte den Spanier  Manuel de Falla an, dem in seinen Kompositionen der folkloristische Stil wichtig war. Für Freunde des Flamencos und moderner spanischer Gitarrenmusik ein Hochgenuss und Höhepunkt des Konzerts. Mit einer Zugabe „Fairwell to Stromness“ endete dieser unterhaltsame Gitarrenabend. Neben ihrem routinierten und virtuosen Spiel war es vor allem die charmante und zwanglose Art des Vortrags, mit dem sich das Trio van Os die Sympathien des Publikums erspielt hat und reichlich mit Beifall belohnt wurde.







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GELDERN „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“, sangen Barbershop Blend zu Beginn eines außergewöhnlichen Chorkonzertes in der Aula der Liebfrauenschule. Kein Wunder, dass der Saal fast bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Klaus Thoms vom Kunstverein Gelderland konnte 36 stimmgewaltige Damen begrüßen, programmmäßig eingerahmt von 25 Southern Comfort Barbermates (SCBM) und dem Heartbeat-Quartett.

Im dunkelblauen mit Pailletten besticktem Überwurf und langen Samtröcken sowie funkelnden Ohrringen präsentierten sich die Damen nicht nur von der Stimme elegant, sondern auch von ihren synchronen Bewegungen und Formationen. In ihrem Repertoire legten sie sogar Wert auf die Quote deutschsprachiger Stücke mit „Junge Leute brauchen Liebe“ oder „Ein Freund, ein guter Freund“. Mit einem Buddy-Holly-Medley kreierten sie einen Wechselgesang mit peppigen Rhythmusänderungen. Dass Barbershop ein musikalisch und showmäßig eingespieltes Team unter der routinierten Leitung von Liz Döhring ist, zeigten Stücke wie „Chattanooga“ und „Diamonds“, bekannt durch Marilyn Monroe.  
 
Mit Goldbrokatweste und passender Fliege stellten sich die SCBM als „whiskylikörtrinkenden Friseurgehilfen“ vor, wenn man ihren Namen wortgetreu übersetzt. Unter der Leitung von Michael Becker sangen 25 „statse“ Männer aus Eindhoven Melodien im klassischen Barbershopstil mit deutlich weniger Körpereinsatz, dafür jedoch gerade in den tieferen Stimmen gehalt- und kraftvoll. Darunter so bekannte Songs wie „Sentimental journey“, „Yes sir, that’s my baby“ und „Something“, das mit seinen Halbtönen besonders schwierig zu singen war, aber gekonnt dargeboten wurde.

Das Quartett Heartbeat, bestehend aus den Chorsängerinnen Gerda Rabsahl (Tenor), Hannelore Kanthak (Bass), Marion Billen (Lead) und Marlies Graewe (Bartion) ergänzte das Programm mit vier seiner bekanntesten Solostücke. Dabei durfte der namensgleiche Hit, wegen der klopfenden Herzen nicht fehlen. Für gute Stimmung beim Publikum sorgte „I will follow him“ aus dem Film Sister-Act.

„A wonderful evening like this“, eine passende Zugabe von Barbershop blend, der sich das Finale mit den Southern Comfort Barbermates und dem gemeinsam gesungenen Lied „Under the boardwalk“ anschloss, war noch nicht Ende des gelungenen Konzertes. Im Foyer der Liebfrauenschule ging es abwechselnd weiter mit bekannten Melodien aus dem Barber Shop Genre, sodass die Zuschauer auch hier noch die Möglichkeit hatten, kräftig zu applaudieren und sogar „Unter der Laterne“ mitzusingen.





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 KEVELAER  Chordirektor Markus Belmann begrüßte zum Konzert des Kammerchors der Musikhochschule Würzburg über dreißig Sängerinnen und Sänger. Unter der Leitung von Prof. Jörg Straube konnten sie zusammen mit zahlreichen Zuhörern bei den „Fest- und Gedenksprüchen“ von Johannes Brahms die strahlende Akustik und die schwingende Architektur der päpstlichen Marienbasilika erleben. Die achtstimmigen Sätze gelten als Krönung der A-capella-Werke Brahms und sind von besonders „naturhafter Frische, Empfindungstiefe und Ausdruckskraft“. Der Kammerchor vermittelte dies durch Gesangskultur allerhöchster Güte: Die klaren Soprane, die stimmliche Homogenität der Sänger mit wunderbarer Ausgewogenheit der Stimmgruppen und eine sehr deutliche Aussprache ergaben ein perfektes Klangerlebnis. Die Motette „Jesu, meine Freude“ von Johann Sebastian Bach war mutmaßlich für eine Trauer- oder Gedächtnisfeier bestimmt. Mit verhaltener Expressivität, Nachdenklichkeit und zeitweise weltentrückter Verklärtheit gestaltete der Chor unter feinfühliger Leitung des Dirigenten sinnbildliche Musik mit vorbildlichen Schlüssen und absolut souveränen Tempiwechseln.

„Mein Chor ´Friede auf Erden` ist eine Illusion für gemischten Chor, eine Illusion, wie ich heute weiß, der ich 1906, als ich sie komponierte, diese reine Harmonie unter Menschen für denkbar hielt,“ hatte Arnold Schönberg selbst zu seinem Stück gesagt. Das Werk leitet die entscheidende Wende zur Zwölftonmusik ein. Das ursprünglich a-capella komponierte Stück wurde später mit einer Orchesterpartitur versehen. Schönberg hatte gemerkt, dass es für Chöre schwierig war, das Stück harmonisch richtig und perfekt zu singen und somit die Aussage der endgültigen, perfekten Harmonie den Zuhörern zu vermitteln. Zum anderen wurde ihm 1923, nach dem 1. Weltkrieg, bewusst, dass es eine Utopie ist, an die reine Harmonie unter den Menschen zu glauben. Die Würzburger Sängerinnen und Sänger meisterten ihre zunächst dissonanten Partituren hervorragend und bewiesen im pompösen Schlussteil die harmonische Auflösung der Spannungen, musikalisch und auch körperlich. Zwischen diesen künstlerisch hochwertigen Chorgesängen improvisierte kein Geringerer als Prof. Wolfgang Seifen an der großen Seifert-Orgel. In seiner „Phantasie und Doppelfuge“ und der „Poeme Symphonique“ schöpfte er alle Möglichkeiten der Orgel aus. Seifen forderte von sich selbst Interpretationshöchstleistungen und bot seine hochwertige und komplexe Musik spannend und unterhaltsam an. Sie berührte und ergriff die Hörer, so dass sie sich ihr nicht entziehen konnte und wollten. Eine exzellente Konzertkombination, wie die Begeisterung des Publikums zeigte.





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KEVELAER  In die Kirche des Tagungshaus der Clemensschwestern hatte der Kevelaerer Manner-Gesang-Verein 1896 zu einem vorweihnachtlichen Konzert eingeladen. „Wo Menschen sich zum gemeinsamen Gesang zusammentun, leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwesen und zur Kultur,“ eröffnete der Präsident des Chores Rudolf Fischer das Konzert und dankte den Ordensschwestern für die langjährige Verbundenheit.  Aus dem reichen Liederschatz der deutschen Weihnacht hatte Maarten-Jan Dongelmans als musikalischer Leiter ein abwechslungsreichen Programm zusammengestellt. Mit seinen gut 50 Sängern präsentierte sich der in allen Stimmen gut besetzte und bestens disponierte Chor in Bestform. Nach dem gemeinschaftlichen „Macht hoch die Tür“ und den sehr besinnlichen und dennoch sehr dynamischen Liedern von Gerhard Rabe, Gottlieb Fischer und Erhard Raubuch erlebten die Zuhörer mit der Sopranistin Annegret Beckedahl im „Tu virginum corona“ von W.A. Mozart und „Tochter Zion, freue dich“ aus dem Oratorium Judas Maccabäus von G.F. Händel einen stilvollen ersten Höhepunkt bewundernswerter Klangkultur.

Sie faszinierte nicht nur durch ihre stimmliche Perfektion, sondern auch durch ihr gesangliches Können. Lediglich die sehr intensive und der der Stimmung abträgliche synthetische Klang der E-Piano-Begleitung des Chorleiters störte die Harmonie und ließ die Einsätze des Chores häufig asynchron erscheinen. Ebenso die von Dongelmans bescheiden vorgetragenen Klaviersoli „Andantino Es-dur“ und ein Menuett von W.A. Mozart passten nicht in den musikalisch hochwertigen Rahmen. Um so mehr konvenierte die vorweihnachtliche Kantate „Gloria in excelsis Deo“ von Peter Brettner, in der die Stimmen flossen, Chor und Sopran aufeinander abgestimmt sich freien Lauf ließen. Die vorwiegend zurückhaltenden und leisen Interpretationen gaben dem Stück etwas Geheimnisvolles, Zärtliches, aber auch etwas Distanziertes, wunderbar sensibel und lebendig zugleich.

Die Clemensschwestern bereicherten das Konzert durch mehrere Texte und Hymnen unter anderem von Karl Rana „Ich liebe dich du Welt“, die emphatisch die adventliche Stimmung unterstrichen. In dem „Christmas Carol – O come, all ye faithful“ und dem „See amid the winter`s snow” zeigten Annegret Beckedahl und der Männerchor noch einmal ihre Souveränität und es schien die Klarheit des Soprans zu sein, der unberührt von jeder eigenen Emotionalität die Zuhörer in ihren Bann zog. Mit dem „Amazing Grace: Zum Abschied“ drückte der Chor nicht nur das Ende des Konzertes, sondern auch die Wehmut über den Weggang der Clemensschwestern aus Kevelaer aus, und vielen wurde beim Applaudieren die Denkwürdigkeit dieses Augenblicks bewusst.





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ISSUM – Punkt 20.00 Uhr erloschen die Lichter im vollbesetzten Rathaussaal von Haus Issum. Bei schummrigen Kerzenschein und Leselampe bot der KulturKreisIssum die im letzten Jahr erfolgreich gestartete Fortsetzung „Gruseln für Fortgeschrittene“. „Eine eigentlich völlig überflüssige Veranstaltung, denn all das was ich hier bieten kann, wird täglich von den Nachrichten der Medien übertroffen; die Realität überholt inzwischen abstruseste Fantasien.“ meinte Ralf Pester sarkastisch, las schauerliche Meldungen aus Zeitungen vor und zitierte den Liedtext der „Kuschelgruppe Rammstein - Mein Teil“. Einen gruseligen politischen Exkurs über die Schulden in unserem Land mit Blick auf die Weihnachtgelder und einem bittern Blick auf den Ausgang der Wahlen in Amerika ließ  Pester sich nicht nehmen, bevor er die Vorzüge des Galgentodes aus dem 200 jährigen Räuberlied „Lasst den Leib am Galgen hangen“ erläuterte.

In der Krimikurzgeschichte des exzentrischen Roald Dahl, einer einmaligen Mixtur aus schwarzem Humor und wirklicher Wärme wird eine gefrorene Lammkeule zur Tatwaffe und die Sympathie des Zuhörers entwickeln sich zweifellos indie Richtung der Mörderin. „Immer wieder knistert es beim Thema Mann und Frau.“ behauptete Pester und trat dafür den Beweis in Form der auf der Melodie des Weihnachtsliedes „Oh,Tannenbaum“ gesungenen Ballade „Mord an der Geliebten“ an. Ebenso skurril die Aussage, dass in der Bundesrepublik nur 20 Männer von Frauen, hingegen aber 280 Frauen von Männern ermordet werden. „Sie sehen, die Frauen sind viel gefährdetet.“ In den rezitierten Volks- und Küchenlieder zum Thema Liebe waren absonderliche Vorstellungen von „morschen Gebeinen, rabenschwarzen Hunden“ und anderen Gruselkabinetten zu hören und nach der gemeinsam herzzerreißend gesungenen Moritat „Sabinchen war ein Frauenzimmer“ sowie einer Kurzgeschichte von Lützel Jeman „Es hat nicht sollen sein“ konnte man sich über den zwar nicht eleganten, aber wirkungsvollen Mord aufklären lassen. Sogar in der Pause musste sich das Auditorium mit einem „Tantenmörder“ mit  Wodka und Fruchtsäften . „Jetzt geht es an die Substanz.“ warnte der Kantor mit seinen haarsträubende Zeitungszitaten zu religiösem Fundamentalismus und ließ in einem Melodram den Augenzeugen Wilhelm von Tyros von christlichen Eroberung Jerusalems berichten. Die gespenstisch eindrucksvolle Geschichte „Die Letzten vom Schwarzen Mann“ jagten seinen Zuhörern eine weitere Gänsehaut über den Rücken. Natürlich durfte in dem ausgeklügelten Sortiment an Absurditäten auch die Totenkopfäffchen und die mordenden Hennen nicht fehlen. Der Beifall bewies, dass durch Pesters  makabre Rundumschläge in allen Horrorszenarien die Abwehrkräfte gegen Gruseliges im Alltag beim Publikums enorm gestärkt wurden.







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 GELDERN  „Die besten Studenten renommierter europäischer Musikhochschulen wollen wir Ihnen vorstellen,“ begrüßte der künstlerische Leiter Boguslaw Jan Strobel zum zweiten Konzert der „Serenade-Klassik am Abend“ in der diesmal gut besetzten Tonhalle. Die sympathische niederländische Harfinistin Gwyneth Wentink, die mit ihren 24 Jahren bereits mehrere internationale Preise gewonnen hat, verlieh dem königlichen Instrument leidenschaftlich und vital sensibel eine neue Dimension. Jeder Augenblick ihres progressiven Spiels war ein Genuss für das Ohr und nicht zuletzt für das Auge. Amüsant und lebendig sprach diese Musik Seele und Geist gleichermaßen an. In den drei Sätzen der  barock anmutenden Sonate des böhmischen Komponisten Dussek, der berühmt für sein „singendes“ Legato war, ließ die Solistin den tänzerisch fließenden Charakter des „Allegro“ und „Rondo allegro“ nachempfinden. Das ruhige Taktmaß des „Andantinos“ wurde leicht, fast schwebend mit vielen Akkordgriffen und diversen Glissandi untermalt.

Das „Impromptu“ von Fauré erinnerte an ein typisches Rondo mit seinen Wiederholungen, bizarren Veränderungen und melodischen Gegensätzen. Die Künstlerin legte hierbei einen erfrischend unkonventionellen Umgang mit ihrem archaischen Instrument an den Tag und bot von klassischen Arpeggien bis zum trockenen, harten Klavieranschlag alles auf, was in ihrer Harfe an Möglichkeiten schlummerte. Ähnlich bei der neuzeitlichen Komposition „Spiders“ (Spinnen) von Patterson, in dem die Kreaturen zunächst melancholisch unterkühlt, mit einem Mal explodierend über die Harfensaiten glitten.

Die Harfe ist eines der ältesten Musikinstrumente der Menschheit und wird bereits um etwa 3000 v. Chr. in Mesopotamien und Ägypten erwähnt. Gefällig erläuterte Gwyneth Wentink auf Niederländisch dem Publikum die Technik ihrer mannshohen Doppelpedalharfe, die 47 Saiten und einen Umfang von sechseinhalb Oktaven umfasst. Nur gut, dass die aus Holland stammende Angela Kastner das Konzert besuchte und den Zuhörern die Begriffe ins Deutsche übersetzen konnte. In „The minstrels adieu to his native land”, einer eingängigen Melodie des Komponisten John Thomas mit den für ihn typischen Variationen, konnte die Harfenistin die ganze Bandbreite ihres Könnens ausschöpfen und erzeugte mit einer Mischung aus wohlklingenden Harmonien und ruhigem Rhythmus eine romantische Stimmung. Fingerfertig verdeutlichte sie im „Carneval de Venise“ von Godefroid ihre musikalische Virtuosität mit schnellen Läufen und einem wuchtigen Crescendo. Das Publikum war begeistert und feierte die junge Künstlerin mit verdientem Applaus.








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 ISSUM  Wer die Johannes-Passion von Bach in präziser Klarheit und Reinheit hören wollte, der war in der vollbesetzten St. Nikolaus-Kirche richtig. Dieses Konzert war Predigt im besten Sinne, das Bach`sche Motto "Soli Deo Gloria" fand hier seinen Ausdruck. Dirigent und musikalischer Leiter Rolf Pester legte eine zügige, dem dramatischen Impetus des Werkes folgend, sehr harmonische Interpretation vor. Die Aufführung lebte von starken rhythmischen Phrasierungen und einer sehr lebendigen Dynamik gleich zu Beginn im „Herr, unser Herrscher“.

Der in jeder Hinsicht mustergültig vorbereitete Chor beeindruckte mit einer vom ersten bis zum letzten Takt vorbildlichen Musikalität. Saubere chromatische Windungen, markante Akzente und eine optimale, an rhetorischen Maßgaben orientierte Sprachverständlichkeit gehörten zu den Sicherheiten des Chores. Die beißende Schärfe, mit der etwa die geifernde und hetzende Volksmasse dargestellt wurde, war an Deutlichkeit kaum noch zu überbieten.

Im Gegensatz dazu waren die zügig durchmusizierten Choräle ein schlichter, zum Innehalten einladender Gegenpool. Die Solistin Gabriele Natrop berührte die Zuhörer mit ihrem leuchtenden Sopran, die Altistin Tabea Bröcker verströmte Wärme und Liebe in ihrer Arie "Es ist vollbracht", und Bassist Andreas Cantow bestimmte in seiner "Eilt"-Arie die seelenvolle Hast der Menschen. Bass Arnd Gothe intonierte die Stimme Jesu und beeindruckte mit bestimmendem kräftigem Gesang und Mimik. Der Evangelist Reinhard Dingel (Tenor), neben dem Chor die Hauptrolle in diesem spannenden Zweiteiler, ließ mit kluger Wandlungsfähigkeit Dramatik aufkommen, setzte als Erzähler wirkungsvolle Pausen und sorgte für ungewohnt dichte Anschlüsse. Das gab Tempo, Temperament und Spannung. Die klare Stimmführung der Solisten war geradezu von protestantischer Bescheidenheit geprägt. Sehr schön auch die Leistung des Instrumentalensembles, das solide, engagiert und klangschön musizierte.

Die dreimalige Verleugnung des Petrus bis zum Krähen des Hahnes brachte künstlerisch einen Höhepunkt mit den packenden Rezitativen und demonstrierte kreativ die abgrundtiefe Zerrissenheit und Verzweiflung aufgrund des unentschuldbaren Verrates. Der zweite umfangreichere Teil des Werkes mit Verhör und Geißelung, der Verurteilung und Kreuzigung bis hin zur Grablegung vereinte alle Mitwirkenden zu eindrucksvoller Musik, die Hoffnung und Ausblick zur Ewigkeit in Töne bringt. Mit minutenlangem Beifall würdigte das Publikum die gelungene Aufführung, den großen Einsatz und die Geduld der Sänger und Sängerinnen.







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KEVELAER „Selbstverständlich spielen wir den ‚Frühling’ aus den ‚Vier Jahreszeiten’ von Vivaldi und nicht wie im Programm angekündigt den ‚Winter’“, begrüßte Konzertmeister Peter Hillmann die Zuhörer zum Konzert des Kammermusikensembles Niederrhein im Kultur und Bühnenhaus. Als vollkommenes Beispiel für die heitere, ausgewogene und klassische Phase der Barockmusik eröffneten die Streicher ihr Programm mit dem „Concerto grosso op. 6“ des italienischen Komponisten und Violinvirtuosen Corelli. Der wundervolle Melodiefluss und die manierliche Behandlung der Begleitstimmen, befreit von den strengen Regeln des Kontrapunkts, ließen das Publikum aufhorchen und die Qualitäten des Ensembles ahnen. Durch die deutliche und kraftvolle Unmittelbarkeit der Geigen und das ausgewogene Zusammenspiel entstand ein feinfühliger und technisch einwandfreier Vortrag. Abwechslungsreich, schwungvoll und melancholisch wurde Telemanns „Konzert G-Dur für Viola und Streichorchester“ präsentiert, in dem vor allem die enorme Spielfreude und außergewöhnliche Homogenität des Ensembles zutage trat.

Das Aufatmen nach dem Winter war zu hören, als Peter Hillmann, der einst dem Ensemble Niederrhein angehörte, den angekündigten „Frühling“ intonierte. Dem Publikum taten sich Bilder auf: man sah die ersten Blumen sprießen, die ersten Vögel zwitschern. Ein Frühlingswind brachte den Duft der ersten Sonne herüber, ein Gewitterschauer ließ frösteln und das Erwachen der Natur ließ die Instrumente jubeln. Eine gelungene musikalische Interpretation und Gestaltung, die mit glaubhaft innerer Beteiligung der Musiker die drei Sätze zu einem emotionalen Erlebnis werden ließen. Zu einer Hommage an Mozart wurde das „Divertimento in D-Dur“. Diese unterhaltsam heitere Komposition mit tanzartigem Charakter wurde ursprünglich in unterschiedlicher Besetzung sehr gerne als Tafel- und Freiluftmusik an den europäischen Höfen gespielt.

Divertimento heißt „Vergnügen“ und das verschaffte das Ensemble durch sein sensibles Zusammenspiel und den gleichberechtigten instrumentalen Umgang miteinander dem Publikum. Auch mit der „Streichersonate G-Dur“ von Rossini zeigte das Ensemble vom ersten Ton an eine natürliche Selbstverständlichkeit zum Komponisten und Thema. Die Zugabe überraschte das Publikum umso mehr, als mit Souveränität und Niveau einfallsreich ein Potpourri bekannter Titel der „Comedian Hamonists“ vom „Kleinen grünen Kaktus“ bis zu „Veronika, der Lenz ist da“ passend ertönte. Der stürmische Schlussbeifall belohnte die jungen Musiker für eine ausdrucksstarke und ansprechende Leistung.


 





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KEVELAER  Den Abstecher in die Marienbasilika an die große Seifert-Orgel hat er gerne gemacht: Olivier Latry (43), Organist an Notre Dame in Paris war eigentlich nur ins Bistum Münster gekommen, um zum 1200jährigen Jubiläum ein Konzert im Dom zu Münster zu spielen. Basilikaorganist Elmar Lehnen begrüßte zusammen mit dem neuen Chordirektor Markus Belmann den wohl bemerkenswertesten und renommiertesten Konzertorganisten seiner Generation weltweit. Titularorganist nennt sich Latry und so gewichtig wie die Rolle seiner Wirkungsstätte in der europäischen Musikgeschichte war auch die Bandbreite seiner Darbietungen.

Latry führte den Hörer zunächst behutsam durch eine eher feingliedrige, kurze eigene Komposition „Tu es pedrus“, in der ganz offensichtlich die Charaktereigenschaften des Petrus mit all seinen Zweifeln und seinen Emotionen hörbar wurden. Kraftvolle barocke Intensität, logische Gliederungs- und Phrasierungskünste prägten das motorisch packende Bach-Werk „Präludium und Fuge Es-Dur“. Beim „2. Choral h-moll“ von César Franck, einer von drei Chorälen, die als das musikalische Testament des Komponisten gelten, wird die Melodie kunstvoll mit einem sich wiederholenden Ostinato-Motiv verquickt, das den Hörer nicht loslässt. Latry interpretierte liebevoll-bildhaft, registrierte dezent und ließ gleichsam einen frischen Wind um die Ohren der Zuhörer wehen. Ganz anders das „Scherzo“ von Eugène Gigout, das der Künstler mit bewusstem Kontrastierungswillen, einer klaren, schlüssigen, eindringlich formulierten Wiedergabe unterzog.

Beim „Finale aus der 2. Symphonie“ von Louis Vierne wusste man wirklich nicht, was man mehr bewundern soll: seine ungeheure Manual- und Pedaltechnik, sein ausgeprägtes Gestaltungsvermögen, das sowohl auf Ausgewogenheit und formale Rundung wie klanglichen Glanz bedacht war, oder seine geistige Disziplin und Konzentration. Mit Charles-Marie Widor „Symphonie gothique“ und Léon Boellmann „Suite gothique“ entfaltete Latry Dramatik von geballter Kraft und Wirkung und gab ein beredtes Zeugnis ab für seine souveräne Beherrschung der Orgel bis in die letzte Klangnuance. Imposante Klangwogen, schillernde Farben, nebulöse Verschleierungen - so könnte man die abschließenden Improvisationen Latrys beschreiben. Er ließ hier keine Stimmung aus, während er seine Motive auf größtem Raum ausbreitete, die das Publikum in einer Reihe von hoch spannenden Szenen, gediegener Atmosphäre und vor allem einer großartigen Klangwirkung erleben durfte. Ein einmaliges Konzert, mit einem überragenden Solisten, der den begeisterten Zuhörern sogar eine Zugabe schenkte.




 















 
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